Ein Stolperstein für Karl Rostek
Künstler Gunter Demnig verlegte gestern 20 weitere Stolpersteine in Bochum. Die VVN-BdA hat in
diesem Jahr einen Stolperstein zum Gedenken an Karl Rostek gestiftet.
Sie erinnert an den Widerstands-
kämpfer gegen den Faschismus, der
1944 bei der Bergung eines
Blindgängers im Hydrierwerk in
Gelsenkirchen umgekommen ist:
Karl Rostek wurde am 10. Februar
1894 in Bochum von Karoline Rostek
geboren. Nach dem Ende der
Volksschule wurde er Heizer,
vermutlich beim Bochumer Verein.
Als Karl 20 Jahre alt war begann der
1. Weltkrieg. Für ihn war damit auch
die Jugendzeit beendet. Wir wissen
nicht, wo er im Krieg war. Aber schon bald nach seiner Rückkehr zog er aus seinen Kriegserfahrungen eine Schlussfolgerung, er trat der KPD bei.
Am 24. Dezember 1919 heiratete Karl Rostek Maria Bauer aus dem bergischen Vohwinkel, sie wohnten schon bald in der Bessemer Str. 19. Zwischen dem Moltke-Markt und den Werkshallen des Bochumer Vereins lag das Wohnhaus im Bochumer Arbeiterzentrum, das im Volksmund auch
„Blaubuchsen-Viertel“ genannt wurde. Das politische und soziale Zentrum der Bochumer
Arbeiterbewegung war der Moltke-Markt und die angrenzenden Wohngebiete. Hier spielte sich das Leben ab. Beliebt waren die Märkte und Geschäfte, die Gaststätten, die Plätze der „Eckensteher“, die Spielplätze der vielen Kinder. Hier fanden Demonstrationen und Kundgebungen der
Gewerkschaften und Arbeiterparteien statt. In Zeiten von Wahlen und am 1. Mai hingen aus vielen Fenstern rote Fahnen und Transparente.
Nach einigen wenigen Jahren wurde Karl Rostek hauptamtlicher Funktionär der KPD. In Bochum
war er Organisationsleiter, später Vorsitzender der Ortsgruppe und Mitglied der
Unterbezirksleitung. Karl Rostek erlebte hautnah, wie sich seit 1930 die politische Lage in
Deutschland zuspitzte und die Nazipartei einflussreiche Unterstützer in bürgerlichen Kreisen und in der Wirtschaft, vor allem der Schwerindustrie an Rhein und Ruhr fand. Die Ortsgruppe
Griesenbruch der NSDAP konnten die Sozialdemokraten, Gewerkschafter, Kommunisten und auch christlich orientierte Arbeiter in Schach halten. Nur wenigen Anhang konnte der Nazitrupp unter Führung des Ortsgruppenleiters Casimir Adams im Blaubuchsenviertel gewinnen.
Als Hitler am 30. Januar 1933 die Regierungsmacht übertragen wurde, begann mit der Errichtung des Naziregimes die totale Verfolgung und Unterdrückung der Arbeiterbewegung, zuerst der KPD, wenig später auch der SPD und Gewerkschaften. Auch die Hetze und Boykottmaßnahmen gegen die jüdischen Geschäfte am Springerplatz setzten ein. Karl Rostek musste aus Bochum flüchten und „untertauchen“.
Die Schrecken der Naziherrschaft
bestärkten Karl Rostek darin, aktiv
Widerstand zu leisten. Er beteiligte
sich in Hamm und Dortmund an
antifaschistischen Widerstands-
aktionen und trug dazu bei, einen
organisatorischen Zusammenhalt zu
schaffen.
Ende 1933/34 war Karl Rostek Teil
einer großen Widerstandsgruppe im
Ruhrgebiet, die mit Schwerpunkt
Essen, Gelsenkirchen und Dortmund
Kontakt zu großen Metallbetrieben
knüpfte und zahlreiche Flugschriften verbreitete. Auch im Ausland
gedruckte Tarnschriften wie das
„Mondamin-Kochbuch“ wurden verbreitet. „Hitler treibt zum Krieg“ war eines dieser Flugblätter überschrieben.
Bei einem konspirativen Treffen von einigen Mitgliedern der Gruppe wurde Karl Rostek am 25. Juli 1934 in Dortmund verhaftet. In dem folgenden Prozess vor dem Oberlandesgericht Hamm (Az. O.J. 915 – 34) waren 48 Männer und eine Frau wegen „Hochverrat“ angeklagt worden.
Am 22. Dezember 1934 verurteilte der IV. Strafsenat des OLG 44 Angeklagte zu langen und 3 zu lebenslänglichen Zuchthausstrafen. Karl Rostek erhielt 15 Jahre Zuchthaus. Wilhelm Richert aus
Langendreer und Georg Schäfer aus Werne wurden zu je 2 Jahre und 9 Monate Zuchthaus
verurteilt. Während der Gestapo-Verhöre hatte sich Karl Rostek so geschickt verhalten, dass
Elfriede Waskowiak aus Dortmund nicht wegen der Unterstützung der Widerstandsgruppe
angeklagt werden konnte und freigelassen werden musste.
Karl Rostek musste den bitteren Weg ins Zuchthaus antreten. Die meiste Zeit über saß er im Zuchthaus Münster ab. Von dem Mitgefangenen Werner Eggerath wird er als „prachtvoller Mensch, hart und knochig“ beschrieben. Im Juni 1944 wurde Karl Rostek einem Bombenräumkommando zugeteilt. Werner Eggerath berichtet später:
„An einem Sonnabend wurden Namen verlesen. Heraustreten! Sechzig Gefangene wurden auf
Lastwagen verladen und in ein Hydrierwerk, ein Werk zur Erzeugung von synthetischen
Treibstoffen im Ruhrgebiet, gebracht. Dort hatte ein Bombenangriff stattgefunden, und das
Werk sollte ohne Rücksicht von Blindgängern gesäubert werden, damit die Produktion weiterlaufen konnte. … Karl Rostek stand zum erstenmal auf einem Blindgänger. Nach einer Viertelstunde war es aus mit ihm.“
Die „staatliche Kriminalpolizei in Gelsenkirchen-Horst“ stellte als Todestag den 18. Juni 1944 fest, „Todesursache: Bei Bergung eines Blindgängers.“ Bei diesem Einsatz in Gelsenkirchen-Scholven fanden von dem Kommando mit 60 Häftlingen 24 den Tod. Wo die Beerdigung von Karl Rostek
erfolgte, ist unbekannt. Maria Rostek zog zurück nach Wuppertal und war viele Jahre bis zu ihrem
Tod Mitglied in der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes.