AntifaschistInnen berieten in ernster Lage neue Aufgaben
Der 5. Bundeskongress 2014 der VVN-BdA
tagte im Gallus-Haus in Frankfurt am Main
Auf dem Bundeskongress der VVN-BdA, der vom 30.5. bis 1.6.2014 mit mehr als
200 TeilnehmerInnen im traditionsreichen Haus Gallus tagte, hier fand ab April 1964 der erste Auschwitzprozess statt, wurde für BeobachterInnen erkennbar:
Diese Vereinigung erfindet sich neu, ohne das Vermächtnis ihrer GründerInnen
zu vernachlässigen.
Kaum eine Delegierte oder ein
Delegierter ist noch im Krieg
geboren worden. Nur sechs hatten Emigration und Verfolgung vor
1945 zu erleiden. Doch die
Verfolgten brauchen weiterhin die VVN-BdA als ihre Fürsprecherin.
Zu den Verfolgten zählen die
2. und 3. Generation der Hinter-
bliebenen und die niemals ent-
schädigten ZwangsarbeiterInnen
und Kriegsgefangenen. In einigen Bundesländern, wie z.B. in NRW,
nennen sich die entsprechenden
Gruppen der zweiten und dritten Generation innerhalb der VVN-BdA „Kinder des Widerstandes“.
Die Konferenz wurde mit einer Peter-Weiß-Lesung eröffnet.
Der Bundeskongress war zugleich Bestandteil zahlreicher Aktionen für den Frieden in
der Ukraine und den Frieden mit Russland, die in der gesamten Bundesrepublik
gleichzeitig an diesem Wochenende stattfanden.
Vor den 158 DelegiertInnen
(davon zwei aus Bochum) der mit rund 6.300 MitgliederInnen
traditionsreichen ältesten antifa-
schistischen Organisation,
verurteilte die fast einstimmig
wiedergewählte Bundesvor-
sitzende Cornelia Kerth die Rolle
der führenden Bundespolitiker in
der gegenwärtigen gefährlichen
Krise. „Diese PolitikerInnen, wie
auch führende Medien, ver-
leumden all jene, die aus der
Geschichte des deutschen Militarismus, aus Vernichtungskrieg und Holocaust den
Schluss gezogen haben, dass die Verantwortung Deutschlands aus seiner Geschichte nur Zurückhaltung sein kann, ganz besonders militärische.“
“Die in Europa entstandene gefährliche Lage hat viele Dimensionen, von der Aneignung
des Volksvermögens durch Oligarchen und ihre Folgen über die Förderung jeder Art von Nationalismus durch sämtliche Regierungen der Region seit Ende der Sowjetunion bis
hin zum politischen Vorstoß von EU und NATO bis an die Grenzen Russlands.“
“Unerträglich ist die „anti-russische Hetze in nahezu allen Medien, die an Zeiten des
kalten Krieges erinnert.“
“Es trifft sich gut, dass die VVN-BdA keine nationale Herkunftsbezeichnung hat.
Angesichts der heutigen ernsten Lage, die ja nicht wie ein böser Traum wieder
weggewischt werden kann, muss die Vereinigung immer internationaler und immer
mehr zum Bund der AntifaschistInnen wie auch der AntimilitaristInnen werden.
Sie muss sich immer mehr mit ihren Partnern im EU-Bereich verbünden, die nach der
EU-Wahl, wie wir, ziemlich fassungslos auf das Ergebnis , besonders in Frankreich,
blicken.“ (so die Einschätzung von Uli Sander)
Der Kongress bekräftigte die
Notwendigkeit des Zusammen-
gehens und der verstärkten
Aktivitäten der Friedens-
bewegung, der Gewerkschaften
und der antirassistischen / anti-
faschistischen Bewegungen.
Er wurde als große Zukunfts-
werkstatt durchgeführt, so dass
alle TeilnehmerInnen sich zu den
vielfältigen Politik- und Arbeits-
feldern der Vereinigung äußern
konnten.
Nach dem Erfolg der VVN-BdA
mit ihrer Kampagne „nonpd“, die am Zustandekommen der Bundesratsinitiative für ein NPD-Verbot mit beigetragen hat, steht die Aufklärungsarbeit über den Rechtspopulismus mit seinen antidemokratischen und fremdenfeindlichen Positionen ebenso auf der Agenda, wie eine breite
antifaschistische Bildungsarbeit.
Mit der neu konzipierten Ausstellung „Neofaschismus in Deutschland“ informiert die
VVN-BdA über Ideologie und Praxis des Neofaschismus in Deutschland und benennt Ursachen für die Ausbreitung rassistischen, nationalistischen, rechtspopulistischen und militaristischen Denkens und Handelns. Sie soll an ganz unterschiedlichen Orten, in Schulen und Rathäusern, in Kirchen und Gewerkschaftshäusern ihren Beitrag dazu leisten. Die neu konzipierte Ausstellung wurde im traditionsreichen Haus Gallus zum ersten Mal gezeigt.
Mit starkem Beifall und bewegenden Gesten wurde Prof. Heinrich Fink, der langjährige
Bundesvorsitzende der VVN-BdA, verabschiedet und gleichzeitig zum Ehren-
vorsitzenden bestimmt. Die DelegiertInnen erhoben sich dabei von ihren Plätzen.
Mit Esther Bejarano und Heinrich Fink gibt es nun zwei Persönlichkeiten in dieser
Ehrenfunktion.
In großer Einmütigkeit wählte am
1. Juni 2014 der Bundeskongress
den neuen BundessprecherInnen-
kreis. Er ist vereinsrechtlich der
Vorstand der VVN-BdA.
Seine MitgliederInnen gehören
außerdem dem Bundesausschuss
der Vereinigung an, in den die
Landes- und Mitglieds-
vereinigungen VertreterInnen
entsenden und der zwischen den
Bundeskongressen das höchste
Organ der Organisation ist.
Neben Cornelia Kerth aus
Hamburg wurde Dr. Axel Holz aus
Schwerin (neu) zu Bundesvorsitzenden gewählt. Zur Bundesschatzmeisterin wählten
die DelegiertInnen Regina Elsner aus Hoyerswerda.
Außerdem wurden in den BundessprecherInnenkreis gewählt:
Dr. Regina Girod aus Berlin. Sie ist zugleich auch Chefredakteurin der „antifa”.
Dr. Ulrich Schneider aus Kassel. Ulrich Schneider ist der Generalsekretär der FIR.
Ulrich Sander, das VVN-Urgestein aus Dortmund.
Der BundessprecherInnenkreis ist damit (zunächst) von elf auf sechs Personen
verkleinert worden. Es sollen aber eventuell noch (nach Möglichkeit) zwei jüngere
MitgliederInnen kooptiert werden.
Bestätigt wurden die von den Mitgliedsorganisationen und Landesvereinigungen
benannten MitgliederInnen des Bundesausschusses.
„Viele Menschen in aller Welt haben Anlass, voll Sorge und Zorn auf dieses Land zu
blicken. Da wird auch die Verantwortung der AntifaschistInnen Deutschlands größer, eine Rolle als solidarische internationalistische Kraft einzunehmen.
Ansatzweise, aber auch noch sehr ausbaufähig, wurde diese Rolle auf dem VVN-BdA-
Bundeskongress erkannt und angenommen.“ (Zitat: Uli Sander)