Ein Generalstreik hat die Republik gerettet Gedenkveranstaltung der VVN-BdA an den
Kapp-Lüttwitz-Putsch von 1920
Im März 1920 griffen rechte
Republikfeinde nach der Macht in
Deutschland. Doch der Kapp-
Lüttwitz-Putsch scheiterte am
entschlossenen Widerstand der
Arbeiterschaft.
Die VVN–BdA rief deshalb auch in
diesem Jahr dazu auf, der
ermordeten Kämpfer zu gedenken
und am Denkmal auf dem Werner
Kommunalfriedhof Blumen und
Kränze niederzulegen.
TeilnehmerInnen aus
verschiedenen Parteien und
Organisationen sind diesem Aufruf gefolgt. Die Ansprache auf der diesjährigen
Gedenkveranstaltung hielt Uli Kriegesmann, Sprecher der GEW in Bochum.
Zu Beginn seiner Rede ging Uli Kriegesmann auf die Opfer ein.
„Aber wer waren diese Opfer eigentlich, derer hier gedacht wird und gedacht werden
muss? Es waren hier im Ruhrgebiet mehr als tausend Opfer, die zunächst mit General-
streik, dann im aktiven Widerstand den Umsturzversuch stoppten und seine
Befürworter bekämpften.“
„Opfer war aber,“ so Uli Kriegesmann, „im weiteren Sinne das ganze deutsche Volk mit
den Ereignissen, die auf die entstandene Unsicherheit folgte: Die junge Weimarer
Republik war in ihren Grundfesten erschüttert, die gerade geborenen Ideale von
Mitbestimmung und Gerechtigkeit, von Frieden und Demokratie konnten nicht
erblühen, wie der neue Geschichtsabschnitt es verheißen hatte…“
„Opfer war insofern zumindest der Teil der Deutschen, die an die neuen Ideale glaubten: Sie erlebten, wie nun nach und nach weitere Strömungen um sich griffen und die Risse
der Unsicherheit nutzten und sie vergrößerten – bis hin zu der verheerenden
Machtergreifung im Jahr 1933, bis hin zum Holocaust, bis hin zur größten Katastrophe der Weltgeschichte, dem 2. Weltkrieg…“
Danach beschäftigte sich der Redner mit dem historischen Umfeld, in dem die
Putschgedanken reifen konnten und die Entwicklungen, die die Weimarer Republik
prägten, schließlich zum Untergang der ersten deutschen Demokratie führten.
„Die geistige Nahrung für die Putschisten wurde aus der Dolchstoßlegende gezogen, die
nichts anderes war als eine Geschichtslüge. Deutschland sei nicht auf dem Schlachtfeld
besiegt worden, sondern durch den Verrat im Inneren. Verschwiegen wurde von ihrem
„Erfinder“ Hindenburg, dass eine Reihe von Niederlagen der OHL die Erkenntnis
brachte, dass der Krieg verloren sei. Damit erfüllte die Dolchstoßlegende eine doppelte
Funktion: die historische Verantwortung für die Kriegsniederlage zu verdecken und die Demokraten der Weimarer Koalition als „Novemberverbrecher“ verächtlich zu machen und dem System der Republik die Schuld an den bitteren Kriegsfolgen, dem Versailler
Vertrag, zu geben…“
Zum Abschluss seiner Ansprache warf Uli Kriegesmann die Frage auf: „Was sind die
Lehren, die wir daraus ziehen können – und müssen?“
Er beschrieb anhand von Beispielen die gegenwärtige wirtschaftliche, politische und
gesellschaftliche Situation und beendete seine Rede mit dem Fazit:
„Denn das zeigt der Kapp-Putsch allemal: Das Durchsetzen von Interessen mit
militärischer Stärke ist kein richtiger Weg und darf keine Perspektive sein! Auch fast
100 Jahre nach diesen Ereignissen und 70 Jahre nach dem Holocaust stehen wir in
einer immensen Verantwortung.
Nie wieder Faschismus, nie wieder Krieg!“