8. Mai 2012 in Bochum
Begleitet von sehr großem öffentlichen Interesse wurde am 8. Mai 2012 der neue Gedenkort Saure Wiesen eingeweiht.
Oberbürgermeisterin Ottilie Scholz erinnerte in ihrer Rede an die Bedeutung des 8. Mai als Tag der Befreiung, begrüßte herzlich eine Gästegruppe aus der ukrainischen Stadt Donezk und wünschte dem Gedenkort auch weiterhin eine große Aufmerksamkeit unter den Bürgerinnen und Bürgern der Stadt Bochum.
Der Stellv. Vorsitzende der Bochumer VVN-Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten Günter Gleising schilderte die lange Geschichte bis zur Verwirklichung des Gedenkortes und würdigte insbesondere den im November vergangenen Jahres verstorbenen langjährigen Vorsitzenden der VVN-Bochums, Klaus Kunold.
Klaus Kunold gab vor inzwischen 6 Jahren die Anregung, die Geschichte der Sauren Wiesen und das Schicksal der Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter bei der Neugestaltung zu berücksichtigen.
Für die Gruppe der noch lebenden Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter sprach der tiefbewegte Jefim Gelfond aus Donezk Grußworte.
In einem Rundgang erklärte der Künstler Marcus Kiel die 4 Informations- und 5 Gedenkstelen der Installation „lautlose Stille“.
Mitglieder der jüdischen Gemeinde Bochums legen am 8. Mai 2012 zum Tag der Befreiung Blumen an den Gräbern von Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter sowie Widerstandskämpferinnen und Widerstandskämpfer nieder.
Rede zur Eröffnung des Gedenkortes „Saure Wiesen“
(Günter Gleising, stellv. Vorsitzender der VVN – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten, Kreisvereinigung Bochum)
Sehr geehrte Frau Oberbürgermeisterin,
liebe Gäste aus Donezk,
sehr geehrte Damen und Herren!
Ich möchte an diesem für uns denkwürdigen Tag an Klaus Kunold erinnern, der sich in besonderer Weise für die Verwirklichung der Idee eines Gedenkortes hier an der Stelle des früheren Zwangsarbeiterlagers eingesetzt hat.
Klaus Kunold war 28 Jahre Vorsitzender der VVN – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten und ist im November des letzten Jahres kurz vor seinem 80.Geburtstag verstorben. Es ist traurig, dass Klaus den heutigen Tag nicht erleben kann, aber ich bin mir sicher, dass er in unseren Gedanken unter uns ist.
Es war im Mai 1986 als die VVN – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten erstmals auf das Leben und das Leid der Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter in Bochum aufmerksam machte. In den folgenden Jahren stand die Forderung nach Entschädigung im Vordergrund.
Klaus Kunold war der Drängende, der sich für die Gründung der Initiative „Entschädigung jetzt“ einsetzte, der Mahnwachen vor Betrieben, Demonstrationen und Pressekonferenzen organisierte.
Neben seiner politischen Überzeugung ließ sich Klaus dabei auch von persönlichen Erfahrungen leiten. Als Kind hatte er noch den Krieg selbst miterlebt. Sein Vater war auf dem Bochumer Verein immer wieder mit Zwangsarbeitern zusammen gekommen, hatte Nachrichten und Informationen mit ihnen ausgetauscht, mit Lebensmitteln geholfen und stand deshalb unter Beobachtung der Betriebsleitung.
Erst auf großen öffentlichen Druck, in Bochum und überall im Lande, wurde schließlich die Bundesstiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“ gebildet, die ab 2001 mit Auszahlungen an die noch lebenden Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter begann. Klaus Kunold nannte diese Auszahlungen berechtigterweise schäbig, weil damit in keiner Weise von einer Entschädigung gesprochen werden konnte, eine kleine Hilfe und Anerkennung waren sie aber doch.
In der Folgezeit rückte jetzt die Frage nach einer Erinnerung an die über 100 Zwangsarbeiterlager in Bochum und Wattenscheid in den Vordergrund. Immer wieder wurde ein Teil dieser Orte auch von ehemaligen
Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeitern aufgesucht, die im Rahmen des Besuchsprogramms der Stadt Bochum und der Freundschaftsgesellschaft Bochum Donezk hierher kamen. Klaus Kunold war oft dabei und ein begehrter Gesprächspartner.
Nachdem die Pläne bekannt wurden, das Gelände der „Sauren Wiesen“ mit seinen konterminierten Böden zu sanieren, wurde die Frage des Umgangs mit der Geschichte dieses Ortes akut. Im Frühjahr 2006 machten deshalb Klaus Kunold und die VVN auf diese Thematik aufmerksam und sprachen sich für eine Erinnerungstafel aus.
In den folgenden Monaten und Jahren begann zwischen der Stadtverwaltung, dem Stadtarchiv und dem Künstler Marcus Kiel eine sehr konstruktive und fruchtbare Zusammenarbeit. Bis die Pläne entwickelt und umgesetzt waren, dauerte es noch Jahre und es war Klaus Kunold der drängte, der sich mit Engagement und Überzeugung für diesen Ort einsetzte, der heute eingeweiht wird.
Ich bin mir sicher, dass es im Sinne von Klaus Kunold ist, wenn ich an dieser Stelle – auch im Namen der VVN – allen Danke, die an der Idee, der Gestaltung und dem Bau des Gedenkortes mitgewirkt haben. Besonders danken möchte ich aber auch Waltraud Jachnov, die – und mit ihr die Freundschaftsgesellschaft Bochum/Donezk – viel dazu beigetragen hat, dass wir durch die Briefe und Schilderungen der ehemaligen Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter heute wenigsten etwas konkreter wissen, wie das Leben, die Arbeit und das Leiden hier waren.
Danken möchte ich auch der Oberbürgermeisterin, der Stadtverwaltung, dem Kulturausschuss und der Kortumgesellschaft für ihre große Bereitschaft, diesen Ort zu schaffen. Besonderer Dank gilt Marcus Kiel, der die Ideen und Konzeptionen eindrucksvoll umgesetzt hat.
Es ist auch im Sinne von Klaus Kunold, wenn wir den heutigen Tag und die Einweihung des Gedenkortes auch als Verpflichtung ansehen, uns weiter für den Frieden und die Völkerverständigung einzusetzen und allen entgegen treten, die die alte Ideologie von Nazismus und Rassismus vertreten oder neu beleben wollen. Möge dieser Ort dazu mahnen:
Nie wieder Krieg! Nie wieder Faschismus!
Es ist mir eine Freude, jetzt das Wort an unsere Gäste aus Donezk zu übergeben.