NPD – Verbot dringend notwendig!!
März 2009, Vortrag von Wolfgang Dominik bei der VVN Mülheim -BdA Bochum am 4.9.2009
1 Statt einer Einleitung
In einer Meldung über den Bericht des Sonderausschusses des US-Senats heißt es in der Allgemeinen Zeitung Berlin vom 12.10.1945:
- Es ist nicht wahr, daß (sic!) die deutschen Großindustriellen sich erst im letzten Augenblick und halb gezwungen dem Nationalsozialismus angeschlossen haben. Sie waren von Anfang an seine begeisterten Förderer.
- Die Unterstützung seitens der deutschen Schwerindustrie und Hochfinanz ermöglichte den Nationalsozialisten die Machtergreifung.
- Die Umstellung der deutschen Wirtschaft auf die Kriegswirtschaft und auf die fieberhafte Rüstung zum Angriffskrieg erfolgte unter der unmittelbaren Leitung der deutschen Industriellen.
Alle die, die gerade als Nazi-Verbrecher charakterisiert worden waren, sind spätestens 1951 fast vollzählig wieder in ihren Konzernleitungen, meist hatten sie am 8.5.1945 plötzlich entdeckt, dass sie ja eigentlich Antifaschisten waren, etwas später folgte meist ihr Beitritt zu CDU/CSU oder FDP.
Das faschistische Ziel, Vernichtung des Sozialismus oder Kommunismus oder des „Marxismus mit Stumpf und Stiel“ blieb, der Rassismus modifiziert (statt Antisemiten wurden nun viele zu Philosemiten).
Mit der Zeit gelang es, den Bürgern der Westzonen klar zu machen, dass sie sich nichts vorzuwerfen hatten in Sachen Faschismus, wenn sie nur ordentliche Antikommunisten blieben. Man rüstete bald ja schon wieder gegen den alten Feind.
Das zeigt :
Jede Klassengesellschaft beruht auf der Massenakzeptanz von sozialer Ungleichheit, die geschlechtsspezifisch, kulturell, biologisch, rassistisch, ethnisch, physisch, psychisch, religiös, mythologisch, ontologisierend usw. begründet wird. Durch materielle und ideelle Gratifikations- und Sanktionsmaßnahmen, Integrationsmaßnahmen, Korruptionsmaßnahmen u.ä. gelingt es der herrschenden Klasse, kollektive Mentalitäten und damit Massenloyalität zu produzieren. „Wir lernen zu wollen, was wir sollen und wollen es schließlich ohne zu merken, dass wir es sollen und nennen uns frei.“ Massen lernen, ohne es so recht zu bemerken, durch familiale, staatliche, kirchliche, massenmediale, schulische, universitäre und andere Sozialisations- und Ideologievermittlungsagenturen sich in die herrschenden Ideologie geradezu zu verlieben, sich anzupassen, sich unterzuordnen und ihre kognitiven Enteignungen lustvoll als persönliche Freiheit, die doch gewährleistet sei, zu bezeichnen. Trotz sozialer Ungerechtigkeiten und Ungleichheiten praktizieren Massen den verordneten Fatalismus, Schicksalsergebenheit, Ignoranz gegenüber antihegemonialen Alternativen.
Es gibt keine Herrschaft ohne die Zustimmung der Beherrschten, die sie ja in Akklamationsveranstaltungen, in bürgerlich-kapitalistischen Gesellschaften „Wahlen“ genannt, regelmäßig abgeben dürfen.
Die meisten bürgerlichen Parteien verstehen es, ihren Rassismus zu tarnen oder sogar zu legalisieren(nur ein Beispiel: Die Kampagne von Roland Koch, die vor einigen Jahren dazu führte, dass „Tausende gegen die Ausländer unterschreiben“ wollten).
Rassismus ist der soziale Kitt, der die Legitimationsprobleme des kapitalistischen Systems zu lösen mithilft.
In der NPD sitzen massenhaft Leute, die direkte Gewaltanwendung propagieren. Deshalb ist die NPD und ihr Umfeld die Speerspitze der Unmenschlichkeit.
Eine Möglichkeit ist es, Heilspredigern von rechts nachzulaufen, da sie scheinbar einfache Lösungen für soziale Probleme bieten.
1. Die Restaurationsphase in der alten BRD
In den Westzonen und in der BRD fand bis 1951 eine ökonomische, politische, militärische, ideologische und personelle Restauration statt. Gemäß dem 1949 verabschiedeten GG sollte nach Artikel 139 jede Form von neuer faschistischer Betätigung und Organisation unter Strafe gestellt werden. Alle faschistischen Organisationen wurden als verbrecherisch bezeichnet – einschließlich der Wehrmacht. (Mehr zu rechtlichen Fragen, die mit dem GG zusammenhängen in meinem Referat über die Geschichte des Grundgesetzes unter http://vvn-bda-bochum.de/archives/28 ).
Die Rolle von Maunz, seinem Schüler Herzog, DVU-Frey und dem Art. 139 GG sollte besonders „gewürdigt“ werden.
Auch die Rolle des Dr. iur. Hans Maria Globke, 2. Mann hinter Adenauer, Vater der Rassegesetzgebung 1933ff, vorher aber schon ein aktiver Faschist, verantwortlich für die Personalpolitik der Bundesregierung, ist woanders in meinen Referaten genauer beschrieben. Angeblich exfaschistische, seit dem 8. 5. 1945 plötzlich meist christdemokratisch gewendete Seilschaften zogen die alten Kameraden von damals in Massen nach, und die wieder ihre Schüler…. Hinter der Kapital-Demokratie (Werner Rügemer, Die gekaufte Demokratie, jW 2.9.2009) standen von Anfang an kapitalistische Privatunternehmen, die gerade noch die NSDAP begeistert gesponsert hatten.
Vor allem der CDU/CSU gelang es in beeindruckender Art und Weise, Millionen von Mitgliedern der NSDAP zu entlasten und z.T. in die Großfamilie CDU/CSU zu holen, dazu Teile des Zentrums, der DDP, der DVP und DNVP und auf Grund der beschworenen weiterexistierenden bolschewistisch-kommunistischen Gefahr die DKP zu verbieten und die SPD immer weiter nach rechts zu treiben. Auch die VVN sollte damals verboten werden – (Näheres in meiner Geschichte der VVN unter http://www.bo-alternativ.de/VVN/dokumente/Geschichte_VVN.pdf )
Als sich 1964 bestimmte Forderungen nach Wiedervereinigung und ein endlos währendes Wirtschaftswunder dem Ende zuneigte, begann eine neue neofaschistische Partei, NPD, die Unzufriedenen vor allem aus der CDU/CSU zu sammeln. Alle möglichen Alt- und Neonazi-Organisationen schlossen sich zur NPD zusammen.
2. Die Neonazis und ihr Geld
Geldprobleme hatte man nie, auch wenn offiziell entsprechend der Rechenschaftsberichte die NPD im am Rande des Existenzminimums lebt. Aber die offiziell von der NPD getrennt arbeitenden Netzwerke von Buch- und Zeitungsverlagen, von Devotionalienhandel und vererbtem Besitz, von Spenden vieler Firmen bis zu Hunderten mit der NPD und später der DVU und den REPs verbundenen Gruppen, Organisationen, Beziehungsgeflechten, Seilschaften hatten immer genug Geld.
Sie bekommt gegenwärtig ihr Geld von den Mitgliedern (583 632 Euro oder 19 % der Gesamteinnahmen), dem Staat ( 1 376 678 Euro oder 45 % der Gesamteinnahmen), nur 545.162 Euro oder 32 % aus Spenden. Der Rest (110.198 Euro oder 4 %) sind sonstige Einnahmen. Diese Zahlen gelten für 2006. Allein in Sachsen werden 20 Mitarbeiter der NPD staatlicherseits mit allem versorgt, was man/frau als Faschist so braucht: Von Büros bis Schreibkräften….. Thomas Willms spricht von staatlich bezahlten Berufsfaschisten.
Wie weit legal der Verfassungsschutz die NPD finanziert, ist nicht bekannt. In der Panorama-Sendung vom 12.2.2009 gab Wolfgang Frenz, langjähriger führender Funktionär in NRW und auf Bundesebene ein Interview, in dem er sagte, dass ohne das Geld vom Verfassungsschutz, dass er als V-Mann bezog, die NPD NRW kaum möglich gewesen wäre.
Ein anderer V-Mann erzählte sinngemäß, dass er als V-Mann und NPD-Funktionär einfach Texte aus NPD-Zeitungen oder aus NPD-Internet-Seiten abgeschrieben hätte und sie dem Verfassungsschutz als „geheime Ware“ verkauft hätte. Die vom Verfassungsschutz hätten nie was gemerkt.
Auch das wirft ein bezeichnendes Bild auf die Diskussion, ob man V-Leute aus der NPD abziehen solle oder nicht. NPD-Vorsitzender Udo Voigt: Wenn „bezahlte Leute des Verfassungsschutzes zum Erfolg der NPD beitragen, sollen sie das meinetwegen tun“. Der in der Sendung interviewte Rechtswissenschaftler Günter Frankenberg meinte, dass höchst kriminelle und gewalttätige NPDler gleichzeitig V-Leute sind. Das geht in einem Rechtsstaat nicht. „Im NPD-Verfahren haben die V-Leute sicher nicht der Verfassung genützt, sondern unter dem Strich der NPD, denn sie haben verhindert, dass es zu einem wirklichen Verbotsverfahren in der Sache kam“. So lange V-Leute in der NPD tätig sind, ist das der beste Schutz bei einem neuen Verbotsantrag. Schon wenn der Berliner Innensenator Körting von der „Abschaltung der V-Leute bei der NPD“ redet, löst er nach Presseberichten dadurch ein Eklat aus. Die CSU/CDU-Innenminister tadeln ihn, weil er überhaupt die Existenz von V-Leute bei der NPD bestätigt. Körting muss wohl von allen rechten Geistern verlassen gewesen sein, dass er Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holsein und Rheinland-Pfalz als SPD-regierte Länder als frei von V-Leuten in den Bundes- und Landesvorständen der NPD bezeichnete. Brandenburgs Innenminister Schönbohm fand nicht akzeptabel, dass Körting damit auch Aussagen über andere Bundesländer machte. Brandenburg, Bayern und Baden-Württemberg „lehnten eine Abschaltung der V-Leute ab.“ (WAZ 25.2.2009).
Die VVN-BdA nennt V-Leute Faschisten mit V.
„Private“ Raubzüge des Bundeskassierers der NPD, Erwin Kemna, bereiten der NPD Sorgen. Er hatte aus der NPD-Bundeskasse im Jahr 2006 627.000 Euro verschwinden lassen. Im Zuge der Ermittlungen kam heraus, dass offensichtlich auch schwarze Kassen geführt worden sind. Finanzmanipulationen an den Finanzämtern vorbei sind garantiert kein NPD-Spezifikum. Aber immerhin ist es da aufgefallen, und jetzt muss die NPD 870.000 Euro an die Bundestagskasse zurückzahlen. Das könnte die Partei in den finanziellen Ruin führen, denn das Reinvermögen der Partei betrug 2005 nur 452.878 Euro. Allerdings soll die NPD bis 2008 ihre Schuld mit der Bundestagskasse geregelt haben.
Die Hessen-Wahl 2009 hat neue Probleme für die NPD gebracht, weil sie „nur“ 0,9 % Wählerstimmen erhielt. Wahlkampfkosten werden erst ab 1% erstattet, bei BT-Wahlen allerdings schon ab 0,5%.
Die Partei hat dagegen allein in Mecklenburg-Vorpommern Einnahmen für ihre Landtagsabgeordneten (zunächst 12, jetzt noch 8) 1.275.210,60 Euro aus Steurmitteln kassiert, von denen natürlich die Abgeordneten fast alles für Diäten, Bürokosten, Personalmittel ….. bekamen.
Auch in Sachsen kassieren die NPD-Parlamentarier für Dienstwagen, Büros usw. 1.886.277 Euro.
In NRW können im Jahre 2008 NPD, DVU, Republikaner und „pro Köln“ insgesamt mit 800.000 Euro von Kommunen rechnen, da sie in ca. 30 Kommunalparlamenten vertreten sind. (Mehr zum Thema „Die Nazis und ihr Geld“ in meinem längeren Referat, aus dem ich hier Auszüge zitiere, unter http://vvn-bda-bochum.de/archives/21 ).
Je länger die faschistische, rassistische, sozialdarwinistische, militaristische, sexistische, neoliberale Propaganda dauert, desto intensiver werden die Inhalte offensichtlich geglaubt. Oder als Lehre aus der Geschichte: Je länger die NPD ihre verbrecherischen Parolen unter dem Deckmantel des Parteienprivilegs mit staatlichen Geldern, unseren Steuergeldern, verbreiten darf, desto mehr Menschen fallen auf ihre Propaganda rein. (Zur sozialen Demagogie der Neonazis müsste ein Extrareferat gemacht werden).
3. Die NPD seit 1964
Ich bin Jahrgang 1944. Ich habe ab ihrer Gründung 1964 bewusst den Aufstieg der NPD erlebt. Ich habe erlebt, wie von der Seite veröffentlichter Meinung und von Seiten der jeweiligen Regierungen und vor allem von Polizei und Gerichten die NPD verharmlost wurde, wie immer wieder das auch gewalttätige Treiben von NPD-Anhängern als jugendlicher Übermut oder Alkoholhandlungen gewertet wurden, wie rechte Verbrechen oft als Dumme-Jungen –Streiche (so hat es Ralf Giordano mal ausgedrückt) hingestellt wurden. Das war für uns 68er auch nicht verwunderlich: Damals saßen in allen möglichen Ämtern bis hin zum Bundespräsidenten und Bundeskanzler noch Ex-Nazis in allen Ämtern, bis heute sind es oft deren Schüler oder schon die Schüler der Schüler. Adenauers rechte Hand, Kanzleramtsminister Dr. jur. Hans Maria Globke, vormals juristischer Vater der Rassegesetzgebung im Faschismus, holte systematisch „alte Kameraden“ nicht nur zurück, sondern förderte ihre Karrieren, die wiederum „alte Kameraden“ holten usw. Eine Renazifizierung roßen Ausmaßes war überall festzustellen.
Aber auch ohne Globke sorgte die Symbiose des deutschen Großkapitals vor allem mit dem us-amerikanischen Großkapital dafür, dass z.B. die verantwortlichen Eigentümer und Manager des deutschen Großkapitals, z.B. der auch für die Vermarktung des jüdischen Mitbürgern geraubten Goldes verantwortliche Bankier Hermann Josef Abs , ihre kapitalistische Karriere fortsetzen konnten.
Die ungefähr 770 Richter des faschistischen Volksgerichtshofs haben nach 1951, als der Artikel 131 des Grundgesetzes faktisch die Wiedereinstellung aller ehemaligen treuen Diener des faschistischen Staats in den öffentlichen Dienst ermöglichte, alle wieder ihre Karrieren fortsetzen dürfen – falls sie nicht sofort nach 1945/46/47 schon wieder ihren Dienst in den damaligen Westzonen antreten durften. Das galt genauso für Lehrer und Polizisten, für Geheimdienstler und etwas später endgültig für die Militärs.
An die faschistische Vergangenheit zu erinnern, galt als äußerst unfein in dem Land, in dem ich groß geworden bin. Das habe ich in der eigenen Familie, im Verwandtenkreis, von Lehrern und Hochschullehrern immer wieder bewusst erfahren können.
Die NPD begleitete mich eigentlich immer – bis hin zu nächtlichen Terroranrufen. Natürlich hat sich da keiner mit NPD gemeldet, sondern nur mit „Hier spricht Adolf Hitler und du bist auch bald tot“ und ein paar wüster Beschimpfungen. Wer genau dahinter steckte , wurde natürlich von der Polizei nie aufgeklärt. Der zuständige Polizeikommissar riet mir, auf eigene Kosten eine Fangschaltung zu installieren und vor allem nach Anbruch der Dunkelheit besonders aufzupassen. Das war alles.
4. Der Verbotsantrag gegen die NPD
Anfang 2001 wurde ein Verbotsantrag von Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat beim Bundesverfassungsgericht gegen die NPD eingereicht. Hintergrund waren Aufsehen erregende Gewalttaten und vor allem ein Anschlag auf russische Juden in Düsseldorf und ein Brandanschlag auf die Synagoge in Düsseldorf wenige später. Das, was vorher so klar nur z.B. von der VVN-BdA gesagt wurde, „Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen“, wurde faktisch die Anschauung eines Teils der sog. rot-grünen Regierungskoalition. Organisierter Antisemitismus, organisierter Rassismus, organisierte Aufstachelung zu Hass und Gewalt gegen Minderheiten müssen verboten werden.
Dem ist eigentlich nichts hinzuzufügen! Aber: Bis dahin war die NPD eher in den Berichten des Verfassungsschutzes verharmlost worden! Jetzt sandte die Regierung also an alle Ämter den Auftrag, schnell belastendes Material zusammen zu suchen, um ein Verbot unterfüttern zu können. Dazu hätte man 40 Jahre lang Zeit gehabt!!
Im Laufe des Verfahrens kamen dann immer mehr Details über die Zusammenarbeit von NPD und Verfassungsschutzämtern raus. Etwa 30 der 200 NPD-Vorstandsmitglieder waren Geheimdienstler, das Peinliche war nur, dass sie – nach Rolf Gössner – an Brandstiftung, Totschlag, Mordaufrufen, Waffenhandel, Gründung einer terroristischen Vereinigung direkt beteiligt waren. (Seit vorgestern, Anfang September 2007) kann man gerade wieder in den Zeitungen lesen, dass ein schwerkrimineller V-Mann des Verfassungsschutzes NRW aufgeflogen ist und 12 weitere V-Männer in Dortmund und Ostwestfalen enttarnt worden sind.) Die kriminellen Karrieren zahlreicher Verfassungsschützer hatten die Verfassungsschützer zum Teil des NPD-Problems gemacht und nicht ansatzweise zur Lösung des Problems beigetragen.
Im März 2003 wurde der NPD-Verbotsprozess eingestellt.
Die Konsequenz heute heißt eindeutig: V-Leute in der NPD sind nicht nur nutzlos, sondern auch schwer gefährlich. UnionspolitikerInnen und sog. ExpertInnen aus dem Schäuble-Ministerium warnen vor dem Risiko eines neuen Verbotsantrages, weil man ja dann die Geheimdienstler vorher abziehen müsse. Und ohne Geheimdienstler gäbe es ja keine Informationen aus den Führungsetagen der NPD. Ich mache hier keinerlei Parteipolitik, muss aber doch erwähnen, dass allein „Die Linke“ im Bundestag fragt, welche Informationen jemals von Verfassungsschützern gekommen sind? Jede Frau und jeder Mann hier, der lesen und hören kann, kann in der neofaschistischen Parteipresse nachlesen, dass dort Rassismus, Antisemitismus und Aufrufe zu Gewalttaten öffentlich gepredigt werden! Zusätzlich kommt eine radikale Anti-Islam-Demagogie hinzu. Jede Antifa-Gruppe hat auf lokaler Ebene mehr Informationen gesammelt als die Polizei und die Geheimdienste! Jede(r) , die (der) Nazi-Musik hört, hört die Aufrufe zu Verbrechen. Jeder, der die Neofaschisten-Seiten im Internet aufruft, weiß über alles Bescheid! Dazu braucht man keine Geheimdienste!
Die Geheimdienste haben je nach Regierungsauftrag über die NPD oft genug nur Oberflächlichkeiten, Halbwahrheiten und Ignoranz verbreitet und meist zur Verharmlosung der neofaschistischen Szene beigetragen. Geheimdienstler haben oft Desinformationen verbreitet und dafür noch viel Steuergeld erhalten, das wohl dann auch wieder der NPD zu gute kommt. Manche ExpertInnen haben schon gefragt, ob nicht die Geheimdienste die Hauptsponsoren der NPD sind, ohne die die NPD pleite wäre.
Ich muss noch einmal „Die Linke“ erwähnen: Sie hat vorgeschlagen, unabhängige NPD- und Neo-Nazi-Beobachtungsstellen einzurichten mit den finanziellen Mitteln, die jetzt die Geheimdienstler in der NPD verschlingen. Der entsprechende Antrag wurde im Bundestag allerdings abgelehnt: Das Geld, unsere Steuergelder, bekommt weiterhin der Verfassungsschutz, dessen Treiben in der NPD unkontrollierbar geworden ist – wie der 1. Verbotsprozess deutlich gezeigt hat.
Wir in der VVN-BdA haben immer und immer wieder den Artikel 139 des Grundgesetzes hervorgehoben – und das seit 1964. Der Artikel 139 des GG heißt „Befreiungsgesetz“ und beinhaltete, dass alle Rechtsvorschriften der Alliierten zur „Befreiung des deutschen Volkes vom Nationalsozialismus und Militarismus“ Bestandteil des GG sind. Danach sind neofaschistische Parteien und Organisationen verboten. Ihre Gründung, die Verbreitung ihrer Ideologien usw. sind unter Strafe zu stellen.
Als Mitglied der VVN-BdA meine ich also, dass die NPD verboten werden muss. Ich weiß allerdings als Historiker, Soziologe und Psychologe, dass damit nicht die neofaschistische Gefahr beseitigt ist und plötzlich alle Neo-Nazis lammfromme Demokraten werden.
Ein neuer Verbotsantrag
Ein neuer Verbotsantrag oder sogar ein Verbot kann politische Zeichen setzen. Ich zähle einige auf:
- Ein Verbot würde der NPD das Parteienprivileg entziehen, d.h. die NPD könnte die Möglichkeit zur Mitwirkung bei der politischen Willensbildung, die sie bisher für ihre menschenverachtende Politik und rassistische Propaganda nutzen kann, nicht mehr in Anspruch nehmen. Z.B. habe ich jahrelang mit einem NPD-Funktionär in einem Lehrerkollegium zusammen arbeiten müssen. Dieser NPD-Funktionär unterrichtete auch Geschichte. Bis zur seiner Pensionierung konnte der den Faschismus sehr viel anders als z.B. ich darstellen! Aber die NPD war eine ordentliche Partei! Einem NPD-Lehrer fuhr man deshalb nicht „an die Karre“. Oder: Die Schulkonferenz einer Erwachsenenbildungsstätte in Dortmund hatte 1990 beschlossen, einzuladen (!) zur Teilnahme an einer Veranstaltung der „Gesellschaft für Christlich-jüdische Zusammenarbeit“ zum Thema: “ Was tun…? Der Schoß ist fruchtbar noch – Rechtsextremismus und Schulen.“ Es ging um die Republikaner damals, die in manchen Dortmunder Wahlbezirken zweistellige Wählerzahlen erhielten! Der Regierungspräsident in Arnsberg hat diese Einladung, selbst die Einladung zu einer Veranstaltung am Wochenende, als nicht in der Schulzeit, verboten, weil erwachsene Studierende zu einer Parteinahme gegen die Republikaner verführt werden könnten – das ist mit der politischen Neutralität der Schule unvereinbar! Im Prinzip ging es da auch um das Parteienprivileg.
- Jede NPD-Versammlung, Demonstration und ähnliches wäre eine Straftat und könnte geahndet werden. Dann würden die NPDler, die jetzt am Bocholter Bahnhof oder immer wieder in Bochum im Schutz des Parteienprivilegs reden und demonstrieren, alle erst mal in den Knast gesteckt!
- M.E. ganz wichtig: Die Partei NPD bekommt viele Millionen aus dem Steuertopf als Wahlkampfkosten erstattet. Diese Millionen würden zur Verbreitung ihrer Propaganda schon mal fehlen. Und damit der finanziellen Stabilisierung des neofaschistischen Spektrums zumindest einen gehörigen Schlag versetzen.
- Das Vermögen der Partei würde gemeinnützigen Organisationen zu gute kommen: Ich könnte mir das Geld bei der VVN-BdA gut angelegt vorstellen! (Aber das Bocholter Bündnis Bocholt-stellt-sich-quer soll natürlich auch berücksichtigt werden!).
- In manchen Bundesländern sitzt die NPD in Landtagen und anderen Gremien, bekommt staatlich finanzierte Landtagsabgeordnete, Wahlkreisbüros, Referenten und sonstige Gelder. Das widerspricht jeder antifaschistischen Arbeit.
- Eine dauernde verfassungswidrige Verletzung der Verfassung sowohl der Länder als des Bundes würde durch ein Verbot beendet.
- Die neofaschistischen Strukturen würden also insgesamt geschwächt, z.T. auch zerstört.
- Selbstverständlich müsste das alles begleitet werden durch eine intensive Aufklärung über den Faschismus, durch sozial-ökonomische Programme vor allem auch für die Regionen, in denen eine Faschisierung jetzt schon auf vollen Touren läuft.
5. Typisierungen neofaschistischer Parteien
Carsten Hübner, Rechtsextreme Netzwerke und Parteien in Europa, Eine Bestandsaufnahme vor der Europawahl 2009, verfasste Studie folgende Typisierung der faschistoiden Parteien von Richard Stöss zitiert:
- Typ I: gibt es gemäßigt nationalistische und fremdenfeindliche Parteien der extremen Rechten, die z.T. mit liberalen und rechtskonservativen Parteien paktieren.
- Typ II :gibt es Parteien, die nationalistisch-völkisch du – so meine Worte – ein Stück faschistoider sind, die aber nicht mit liberalen und rechtskonservativen Parteien ein Bündnis suchen und sich (oft nur verbal) von Typ 3 und 4 abgrenzen.
- Typ III: Neofaschistische bzw. rassistische Parteien, die gewisse Affinitäten zu Typ 2 haben und
- Typ IV: – so ergänzt Hübner – Neonazistische oder offen rassistische, antisemitische, gewaltbereite Parteien mit Kontakten in die faschistische Terrorszene, die sich von Typ 1 und 2 abgrenzen, aber zu Typ 3 Kontakte haben.Die neofaschistischen Strukturen würden also insgesamt geschwächt, z.T. auch zerstört.
- Selbstverständlich müsste das alles begleitet werden durch eine intensive Aufklärung über den Faschismus, durch sozial-ökonomische Programme vor allem auch für die Regionen, in denen eine Faschisierung jetzt schon auf vollen Touren läuft.
7. Die Lösung des Problems?
Das ist nicht die Lösung des Problems. Alle hier wissen, dass eine mörderische sozialdarwinistische neoliberale globalisierte kapitalistische Wirtschaft dafür sorgt, dass Menschen in aller Welt in Armut, Angst und Verzweiflung gestürzt werden. Neofaschistische Heilsprediger der NPD z.B. können dann, wir kennen das historische deutsche Beispiel, den Faschismus als Lösung propagieren.
Als Antifaschisten müssen wir uns – so denke ich – spreche damit aber nicht für alle in der VVN-BdA, immer um alternative wirtschaftliche Lösungen bemühen. Auch unter kapitalistischen Bedingungen sind z.B. ein Stopp des Sozialraubs, sinnvolle Beschäftigungsverhältnisse, Senkung der Rüstungs- und Kriegskosten, denkbar. Allein für die Bundeswehr in Afghanistan werden täglich 1,5 Millionen Euro ausgegeben! Ich könnte mir als Antifaschist und Anti-Militarist das Geld besser angelegt vorstellen. Es sind meine Steuergelder und eure hier natürlich auch!
Aber: Der Kapitalismus und in seinem Gefolge Krieg nach außen und Krieg nach innen kann nicht das Ende der Geschichte sein. Max Horkheimer hat in einem berühmten Aufsatz von 1938 gesagt, dass der, der vom Faschismus spricht und den Kapitalismus als Ursache verschweigt, auch nicht über den Faschismus reden sollte.
September 8th, 2009 at 02:19
[…] NPD – Verbot dringend notwendig!! […]
September 8th, 2009 at 03:16
[…] August 20, 2009 Von: Klaus Kunold Kategorie: Faschismus, NPD, Termine, Versammlung 4. September 200919:30Wolfgang Dominik wird nach den Kommunalwahlen Gründe für ein Verbot der neofaschistischen NPD erl