Antifaschistischer Gefangenengang vom 10. Mai
Die Schwester von Hendricus Lamers schickte nun ein Foto
Der folgende Beitrag ist von Alfons Zimmer, Pastoralreferent der katholischen Kirche:
„Die Familie des 1942-1943 im
damaligen Strafgefängnis Bochum
inhaftierten Niederländers Hendricus
Gerardus Lamers wandte sich Anfang
des Jahres an die VVN-BdA Bochum
auf der Suche nach Informationen
über ihren Vater. Der Kontakt zur
Tochter Ceciel wurde über die
Gefängnisseelsorge gepflegt. Alte
Gefangenenakten konnten weder in
der JVA noch im Landesarchiv
gefunden werden.
Folgende Informationen erhielten wir von der Familie: Vater Hendricus wird als 17-Jähriger Büroangestellter aus Gennep, Niederlande, am 9. Juli 1942 festgenommen.
Verurteilt wird er vom Deutschen Obergericht in den besetzten niederländischen Gebieten in Den Haag. Die Anklage warf ihm vor, er habe entwertete Buttermarken gekauft und weiterverkauft. Damit verstieß er gegen die sog. Kriegswirtschaftsverordnung. Er habe lebenswichtigen Bedarf der Bevölkerung gefährdet. Das Urteil: 9 Monate Haft. Diese verbüßte er größtenteils in der
„Krümmede“. Entlassen wurde er mit 34,02 RM am 8. April 1943. Sein damaliges Passfoto zeigt sein noch kindliches Aussehen. Hendricus Lamers steht für die vielen Nacht-und Nebel-Gefangenen aus den von Hitler besetzten Ländern, die wegen kleinerer Verstöße lange Haftstrafen (auch in Bochum) verbüßten oder wegen Widerstandshandlungen die Todesstrafe erhielten.
Am 10. 5. 2015 beim Gefängnisgang der VVN-BdA Bochum und der Gefängnisseelsorge nahmen auch zwei Töchter des damals Inhaftierten teil.
Das Portrait des Hendricus Lamers
war mit fast dreißig weiteren
politisches Opfern vor der JVA
aufgestellt. Seelsorger Alfons Zimmer
und der Leiter des Allgemeinen
Vollzugsdienstes zeigten der Familie
Lamers den Haftort des Vaters, die
Flure und Zellen der „Krümmede“,
welche im Kernbestand heute nicht
anders aussieht als vor über 70 Jahren.
Mit etwas Verspätung traf am
Nachmittag des Gedenktages auch die
80-jährige Schwester des damals
inhaftierten Hendricuss/Henc Lamers in Bochum ein. Dieny erzählte beim anschließenden Kaffeetrinken u.a., dass sie als Achtjährige in der Kirche zweimal beim Pastor den persönlichen Segen abgeholt hat, einmal für sich und einmal für ihren in deutscher Haft inhaftierten Bruder. Bald stellte sich heraus, dass die Begegnung an diesem 10. Mai auf den Tag genau am 75. Jahrestag der Besetzung der Niederlande durch Hitler stattfand. In vielen Orten der Niederlande ist das Gedächtnis an diese dunklen Tage bis heute lebendig. Der Tourismus in beide Richtungen hat jedoch geholfen, Vorurteile abzubauen. Wir haben uns ausdrücklich die Hände gereicht und eine späte private Völkerverständigung gefeiert.“
Der Artikel vom 10.5.2015: http://vvn-bda-bochum.de/archives/12932
Die Fotos vom 10.5.2015: http://vvn-bda-bochum.de/archives/12941