Wer ermordete die Gefangenen aus Montenegro? Der Förderverein Steinwache erstattet Strafanzeige
Wer ermordete über 100 Gefangene aus Montenegro in den letzten Kriegstagen?
Der Förderverein Steinwache/Internationales Rombergparkkomitee hat inzwischen Strafanzeige erstattet. Die Informationen basieren auf Uli Sanders neuem Buch „Der Iwan kam bis Lüdenscheid“
Der Faschist Albert Hoffmann,
Gauleiter Westfalen-Süd, hatte im Hotel Dresel in Hagen-
Rummenohl seit März 1945 seinen letzten Ausweichsitz eingerichtet. In dem zusammengeschrumpften
Ruhrkessel versuchte er,
möglichst viele ausländische
Zwangsarbeiter auszuschalten.
Es wurde bekannt, dass er, in
seiner Eigenschaft als
„Reichsverteidigungskommissar“,
kurz vor Eintreffen der US-
Truppen über 100 montenegrinische Gefangene aus der Nähe seines Dienstsitzes
abführen ließ. Von den Gefangenen haben vermutlich nur zehn überlebt.
Ob Hoffmann den Massenmord befahl, ist nicht erwiesen – Tatsache ist jedoch, dass sie nie wieder gesehen wurden. Der vermutliche Mord an den Montenegrinern hat den Förderverein Steinwache/Internationales Rombergparkkomitee veranlasst, Anzeige bei der Staatsanwaltschaft Hagen zur Verfolgung „nationalsozialistischer“
Massenverbrechen zu erstatten.
Unterlagen aus dem Stadtarchiv Lüdenscheid belasten Hoffmann, der inzwischen verstorben ist und nicht mehr zur Verantwortung gezogen werden kann. Die Praxis der deutschen Justiz, Verbrechen alter und neuer Faschisten nicht mehr zu verfolgen, wenn der Haupttäter verstorben ist, überhaupt stets von Einzeltätern auszugehen und mörderische Netzwerke etc. auszuschließen, soll neuerdings in Frage gestellt sein. Daher kommt es zu Verfahren der „Letzten Chance“ gegen mutmaßliche Mittäter. Daran anknüpfend schrieb das Komitee an den Leiter der Zentralstelle in NRW für die Bearbeitung von „Nationalsozialistischen“ Massenverbrechen in Dortmund.
Der Sachstand ist dieser: Es fanden sich 126
Karteikarten im Einwohnermelderegister von
Lüdenscheid, die nach diesem Muster ausgefüllt
waren: Der Gefangene „gekommen aus Stalag
(Stammlager) in Sterbeckerhammer am 6.3.44
bis 5.4.45, abgeführt 5.4.45, Befehl des
Reichsversicherungskommissars; Ziel unbekannt“.
Gefragt wird: Wohin gerieten die Gefangenen nach dem 5. April 1945? Was geschah in der Woche
danach bis zum Eintreffen der US-Truppen?
Wurden die Gefangenen ins nahe gelegene
Kriegsgefangenenlager Stalag in Hemer gebracht? „Starben sie in Hemer“, fragte das Komitee, „oder
sind sie unter den Opfern der so genannten
Gestapomorde vom Karfreitag in Dortmund, die in den Monaten März und April 1945 verübt
wurden?“
Man hofft nun auch, Informationen vom Roten
Kreuz, Suchdienst in Bad Arolsen, zu erhalten, der über Stalag-Listen verfügt.
In dem Text der Strafanzeige heißt es: „Wenn auch Albert Hoffmann verstorben ist, so dürften noch an der Verhaftung beteiligte Gestapobeamte und mitschuldige Mitarbeiter der Stahlindustrie am Leben sein. Sie sollten nun zur Verantwortung gezogen werden.“
Auf der Basis der Neuerscheinung von Uli Sander, „Der Iwan kam bis Lüdenscheid“ wurde diese Strafanzeige erstattet!