Gedenkveranstaltung zum 70. Jahrestag der Befreiung des KZ Auschwitz in der Synagoge
Zahlreiche Menschen haben am Dienstagabend in der Neuen Bochumer Synagoge an
der Gedenkveranstaltung für die Opfer des Faschismus teilgenommen. Anlass war der
70. Jahrestag der Befreiung der Insassen des Vernichtungslagers Auschwitz am
27. Januar 1945 durch die Rote Armee. Auschwitz ist das Synonym für den
Rassenwahn der Faschisten und den Massenmord an den europäischen Juden. Der
Jahrestag der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz wurde 1996 offizieller
deutscher Gedenktag für die Opfer des „Nationalsozialismus“.
Die Gedenkfeier in der Bochumer
Synagoge begann mit dem
Verlesen der Namen der Opfer der
Shoa aus Bochum und
Wattenscheid. Die Namen von
577 Bochumer Juden wurden
genannt. Die tatsächliche Zahl der
Opfer liegt deutlich höher, es sind
aber nicht alle Opfer namentlich
bekannt. Die Vereinten Nationen
erklärten den 27. Januar im Jahr
2005 zum Internationalen Tag des
Gedenkens an die Opfer des
Holocaust.
Durch die Gedenkfeier führte Felix Lipski, Vorsitzender von „Der Stern – Club der
Holocaust-Überlebenden und Kriegsveteranen“. Felix Lipski wurde 1938 in Minsk
geboren. Er ist Überlebender des Ghettos von Minsk, Gründer und erster Präsident
des Weißrussischen Verbandes der ehemaligen jüdischen Häftlinge der
nationalsozialistischen Ghettos und KZ.
Felix Lipski erinnerte noch mal an die Studienfahrt von SchülerInnen der Märkischen Schule und der Maria Sibylla Merian-Gesamtschule nach Auschwitz im Jahr 2011. Bei ihren Recherchen vor Ort entdeckten sie die Sterbeurkunde von Betti Hartmann, dem jüngsten Wattenscheider Holocaust-Opfer. Die Schülerin wurde am 31. August 1942 als 15-Jährige im Vernichtungslager Auschwitz ermordet.
Im Jahre 2013 ist es aufgrund der
Initiative von Hannes Bienert
(Sprecher der Antifa
Wattenscheid und
jahrzehntelanges Mitglied der
VVN-BdA Bochum), der
Jüdischen Gemeinde Bochum-
Herne-Hattingen und engagierten
Menschen gelungen, den
Wattenscheider Rathausplatz in
Betti-Hartmann-Platz
umzubenennen.
Felix Lipski berichtete über eigene Nachforschungen, die er
seit dem Sommer letzten Jahres betrieben hat, um mehr über das Leben von Betti
Hartmann und ihrer Familie zu erfahren. Er recherchierte im Internet, führte
Gespräche mit dem Stadtarchiv Bochum, dem Institut für Stadtgeschichte in
Gelsenkirchen und korrespondierte sogar mit BürgerInnen und Behörden in Belgien und
in den USA.
Felix Lipski konnte bei seinen Recherchen in Erfahrung bringen, dass Betti Hartmann
noch 2 jüngere Brüder hatte. Die Familie zog in den 30er Jahren nach Gelsenkirchen,
wo der Onkel in der Altstadt ein Möbelgeschäft betrieb. Das Geschäft wurde in der
Reichspogromnacht 1938 völlig zerstört. Später emigrierten, zuerst die Kinder, später
dann auch die Eltern nach Belgien. Betti Hartmann und ihr Vater wurden in Auschwitz ermordet. Die Mutter und beide Brüder überlebten den Holocaust. Sie blieben zunächst in Belgien und wanderten 1947 in die USA aus.
Hannes Bienert erinnerte sich in einem kurzen Redebeitrag an die Reichpogromnacht
von 1938, die er als Kind und Zeitzeuge selbst miterlebt hat und beendete seinen
Vortrag mit den Worten: „Der 9. November ist und bleibt der Tag der
Reichspogromnacht und nicht der Tag des Mauerfalls.“
Gegen Ende der Gedenkfeier wurden nacheinander sechs Kerzen entzündet –
jede Kerze für eine Million Opfer der Shoa.
Zum Abschluss erfolgte das Trauergebet Kaddisch.