„Stolperstein-Paten berichten“
Die Präsentation fand am 22. Januar im Stadtarchiv statt.
Nachdem die VVN-BdA im Jahre 2013 einen Stolperstein für den Widerstandskämpfer Karl Springer (KPD) gestiftet hat, folgte im letzten Jahr der Sozialdemokrat Heinrich Schmitz, der ebenfalls Opfer des faschistischen Terrors wurde.
Der Stolperstein wurde am
10. Dezember 2014 in der
Hermannshöhe / Unterführung
zur Rechener Straße verlegt.
Zusammengestellt wurde die
Präsentation von Günter Gleising
nach Unterlagen des Stadtarchivs
Bochum, des Presse- und
Informationsamtes und des
RuhrEcho Archivs.
Für jeden Stolperstein besteht eine Patenschaft. Es sind Schüler, an
Geschichte interessierte
Privatpersonen und
Organisationen, die das Schicksal der Opfer erforscht und
Informationen zusammengetragen haben. (Eine Liste mit allen Paten, in der
Reihenfolge der Vorträge, findet ihr am Ende dieses Artikels.)
Die Veranstaltung „Stolperstein-Paten berichten“ fand am Donnerstag, den 22. Januar 2015, um 17:30 Uhr im Bochumer Stadtarchiv statt. Weil Günter Gleising an diesem Tag durch die Teilnahme an einer Ratssitzung verhindert war, übernahm Wolfgang Dominik die Präsentation des Stolpersteines der VVN-BdA Bochum für Heinrich Schmitz.
Der Text der Präsentation der VVN-BdA Bochum:
Ein Stolperstein für Heinrich Schmitz.
Heinrich Schmitz, meist nur Heini oder Heinz genannt, war 23 Jahre alt, als er nach den Misshandlungen der Nazis am 25. April 1933 starb.
Trotz intensiver Suche gelang es uns nicht, ein Foto von ihm aufzutreiben, auch sind
Informationen über ihn nur spärlich
vorhanden. Umso wichtiger ist es, dass dieser
Stolperstein fortan in Bochum an ihn erinnern wird.
Heinrich Schmitz, am 16. Januar 1910 in
Herne geboren, war ein typischer Bochumer
Junge, der im Umfeld der Arbeiterschaft
aufwuchs. Der Vater war schon zu Beginn des
1. Weltkriegs als Soldat gefallen, so dass Helene
Schmitz, Heinrich und seine 3 älteren
Geschwister allein großziehen musste. Die
Kinder gingen in die für Arbeiterkinder damals
übliche Volksschule.
Im Anschluss daran machte er eine Ausbildung zum Klempner und arbeitete in Bochum auf dem Bau. In der Baukonjunktur bis zur großen Weltwirtschaftskrise gab es damals, auch durch gewerkschaftliche Kämpfe durchgesetzt, ganz gute Löhne zu verdienen, so dass Heinrich zum Unterhalt der Familie beitragen und die Mutter ein wenig entlasten konnte.
Die Familie Schmitz lebte in der südlichen Innenstadt, die von dem Dreieck Südbahnhof, dem damaligen Hauptbahnhof, Neumarkt und Verwaltung und Depot der Bogestra gebildet wurde.
Das Gebiet um die Hermannshöhe war eine Hochburg der SPD und der Gewerkschaften. Wenige Schritte von Heinrich Schmitz‘ Wohnung war auf der Hermannshöhe 7 im Vorderhaus in den 1920er Jahren die SPD-Geschäftsstelle. Als diese zur Viktoriastraße umzog, nutzte die Redaktion und die Druckerei der SPD-Zeitung „Volksblatt“ sowohl das Vorder- als auch das Hinterhaus allein.
In der Krisenzeit ab Ende 1929 wurde auch Heinrich arbeitslos und musste wie so viele zum Arbeitsamt. Da auf dem Bau als auch anderswo keine Arbeit zu finden war, ging Heinrich in den Sommermonaten nach Schleswig-Holstein, um dort auf Bauernhöfen oder Gütern zu arbeiten. In den Wintermonaten kehrte er dann jeweils nach Bochum zurück.
Heinrich beteiligte sich als Mitglied in der Jugendorganisation der republikanischen Schutzorganisation von SPD und freien Gewerkschaften „Reichsbanner“ an zahlreichen Aktionen und Kundgebungen.
Mit großer Wahrscheinlichkeit hat Heinrich Schmitz auch an der letzten großen Bochumer Demonstration von Reichsbanner und SPD teilgenommen, um gegen Hitler und die Harzburger Front zu demonstrieren. Diese fand auf Bochums größtem Platz, dem Moltkeplatz (heute Springerplatz), statt.
Ein Bericht der linkssozial-demokratischen Tageszeitung „Der Funke“ hebt die große Teilnahme auch von KPD-Mitgliedern hervor. Eine Kundgebung im Saal des Schützenhofs (ohne KPD-Beteiligung) mit Reden von Fritz Husemann und anderen beendete den Aufmarsch der Sozialdemokraten.
Die von dieser Zeitung erhoffte große Einheitsfront zur Bekämpfung des Faschismus kam nicht zustande. Mit großem Terror gelang es den Nazis, die Arbeiterbewegung und ihre Organisation zu zerschlagen.
In Bochum richteten die SA und SS der Nazis im Februar und März 1933 in Gebäuden von Schulen, stillgelegten Betrieben und Gaststätten Wachlokale ein, in die ihre politischen Gegner verschleppt und misshandelt wurden. Dies traf zunächst die Kommunisten, wenig später die Sozialdemokraten sowie andere Hitler-Gegner.
In der Nacht vom 11. auf den 12. März stürmten die Nazis das Bochumer Rathaus und übernahmen die Macht. Auch Heinrich Schmitz war der Verfolgung durch die Nazis ausgesetzt. Unmittelbar in der Nachbarschaft der Wohnung der Familie Schmitz hatte die SA im Keller des besetzten Druckereigebäudes der SPD einen Folterkeller eingerichtet, in dem Angehörige der Arbeiterorganisationen schwer misshandelt wurden.
Am 13. April 1933 nahmen SA-Leute Heinrich Schmitz und seinen Freund Willi Deppe, die ihnen als Reichsbannerleute bekannt waren, an der Eisenbahnbrücke Hermannshöhe fest.
Gewaltsam wurden sie in die Halle der besetzten SPD-Druckerei verschleppt. Hier trafen sie auf zwei Kommunisten sowie den Stiepeler Sozialdemokraten August Rautenberg, die bereits von schweren Misshandlungen gezeichnet waren. Nach stundenlangen Demütigungen, Folterungen und Schlägen mit Stahlruten und Stöcken steckten die SA-Verbrecher Heinrich Schmitz Rattengift in den Mund, zwangen ihn dieses herunter zu schlucken und warfen ihn auf die Straße. Er konnte sich noch zur Wohnung schleppen, bevor er zusammenbrach. Der herbeigerufene Arzt Richard Geisler veranlasste die Einweisung ins Elisabeth-Hospital. Dort versuchten Ärzte mit geringem Erfolg, das Gift zu entfernen; die inneren Verätzungen waren zu weit fortgeschritten. Nach tagelangem Todeskampf erlag Heinrich Schmitz am Vormittag des 25. April 1933 elendig den inneren Verletzungen.
Vier Tage später wurde Heinrich Schmitz bestattet. Vom Straßenrand aus versuchten auch jetzt noch SA- und Stahlhelm-Uniformierte mit Zurufen und Gesten Heinrich Schmitz und die Trauenden des Beerdigungszuges zu verhöhnen. Politische Abzeichen und Trauerreden hatte die Polizei verboten. Es blieben Blumen und das stille Gedenken an einen jungen Antifaschisten.
Die Stolpersteinverlegung erfolgte am 10. Dezember 2014.
Nachdem die VVN-BdA im letzten Jahr einen Stolperstein für den Widerstandskämpfer Karl Springer (KPD) gestiftet hat, folgt in diesem Jahr der Sozialdemokrat Heinrich Schmitz, der Opfer des Nazi-Terrors wurde.
Zusammengestellt von Günter Gleising nach Unterlagen des Stadtarchivs Bochum, des Presse- und Informationsamtes und dem RuhrEcho Archiv. Danke auch für die kompetente Betreuung durch Andreas Halwer und Marcus Lutter von der Stadtverwaltung und an die Mitglieder der VVN, insbesondere Anke Pfromm und Wolfgang Dominik, die aktiv am Zustandekommen dieser Präsentation mitgewirkt haben.
Stolperstein-Paten berichten (in der Reihenfolge der Vorträge):